Samstag, 13. Dezember 2014

Collection Baillon: Die wahre Geschichte!

Bild: Artcurial
Nachtrag: Die ganze Hintergrund-Geschichte zur Collection Baillon ist in AUTO BILD KLASSIK 3/2015 nachzulesen, siehe HIER

Geschichte wiederholt sich. Die der Sleeping Beauties, zum Beispiel: Vollkommen unerwartet, so scheint es, hat das Auktionshaus Artcurial eine vollkommen unbekannte Sammlung von über 60 Hochpreis-Klassikern entdeckt und wird sie im Februar auf der Rétromobile in Paris versteigern. Mit dabei: Der Ferrari 250 GT SWB California Spider von Alain Delon, oder auch diverse Talbot-Lago mit Saoutchik-Karosserie, wie zum Beispiel der oben gezeigte T26 Grand Sport Nr. 110109.

Bild: Artcurial

Die Geschichte vom großen, wiederentdeckten Auto-Schatz klingt gut. Zu gut. Und deshalb ist Skepsis angesagt, denn Artcurial will schließlich ein gutes Ergebnis erzielen. Und weil die Patina-Welle gerade wuchtig wogt, ist die Gelegenheit dazu besonders günstig.

Hier geht es zur Artcurial-Pressemitteilung!

Das französische Online-Magazine "L'Automobile Ancienne.com" hat die Geschichte bereits am 09.12.2014 unabhängig aufgerollt und jene Frage gestellt, die uns Patinatoren so sehr unter den Nägeln brennt: War die Collection Baillon wirklich so unbekannt?

Hier die (grobe) Übersetzung und Zusammenfassung des Artikels:

Bild: lautomobileancienne.com

Roger Baillon, Unternehmer mit Karosseriebau-Betrieb, kauft nach dem Zweiten Weltkrieg Militär-Lastwagen der Deutschen und Amerikaner auf. Er karossiert sie um, vermietet sie an Gewerbetreibende rund um Niort in Westfrankreich. Schon 1947 zeigt er auf dem Pariser Salon ein Luxusauto eigenen Entwurfs, "L'Oiseau Bleu", dem allerdings kein Erfolg beschieden ist – im Gegensatz zu "Micheline", ein 1950 vorgestellter LKW mit selbst entworfener Frontlenker-Kabine. Die lässt sich prächtig verkaufen und hält bis in die 1960er Jahre 200 Mitarbeiter beschäftigt. Dann gründet Baillon seine eigene Spedition und erfindet einen Tank-Auflieger zum Transport gefährlicher Chemikalien. Mit einer Chemie-Fabrik in Melle, nicht weit von Niort, schließt er einen Exklusiv-Vertrag, die LKW-Flotte wächst ständig.

Roger Baillon ist erfolgreich und verdient viel Geld. Geld, das er in seinen Traum investiert: Ein Automuseum, das er mit seinem Sohn Jacques eröffnen möchte. Schon in den 50er Jahren beginnt er, ehemals teure Luxus-Autos zum Schrottpreis zu kaufen – Bugatti, Delage, und wie sie alle heißen. Lange vor den Schlumpf-Brüdern, übrigens. Über 200 Fahrzeuge besitzt Baillon in seinen besten Zeiten.


Bild: lautomobileancienne.com

Doch aus dem Museum wird nichts, die Sammlung bleibt weitgehend geheim. Die Spedition geht 1978 pleite, das Geschäft vorher schleichend bergab. Baillon kauft stets gebrauchte LKW, die Chemiefabrik in Melle stellt 1967 aber höhere Ansprüche und verlangt die Modernisierung des Fuhrparks. Baillon hat keine andere Wahl, als seinen größten Kunden mit der Anschaffung einiger neuer Berliet zufrieden zu stellen, ergänzt von ein paar gebrauchten Büssing Anfang der 70er Jahre, sowie weiteren Berliet und Fiat Mitte der 70er Jahre. Doch das Verhältnis der beiden Parteien kühlt ab, und 1977 wird der Speditions-Vertrag nicht mehr verlängert: Baillon kann seine Fahrer nicht mehr bezahlen, im Januar 1978 ist Schluss. 

Seltsame Bewegungen auf Roger Baillons Konten rufen zudem die Steuerfahndung auf den Plan. Der Unternehmer landet wegen Steuerbetrugs vor Gericht und wird zu einer saftigen Geldstrafe verurteilt. Noch bevor er seine Immobilien verflüssigen kann, wird ein Teil der Autosammlung gepfändet und Juni 1979 erste 60 Fahrzeuge für insgesamt 1.285.300 Francs versteigert. Schon diese Fahrzeugliste liest sich märchenhaft:


Bild: lautomobileancienne.com

Die nächste Auktion von nunmehr 32 Fahrzeugen wird erst 1985 stattfinden und weitere 2.557.600 Francs einbringen. 80 Fahrzeuge sind damals noch übrig, und die Lokalpresse fragt sich bereits, wann diese wohl versteigert werden. Heute kennen wir die Antwort: 2015. 

Roger Baillon starb Anfang der 2000er Jahre, die Familie behielt die verbliebenen Fahrzeuge aber weiter. Bis auch sein Sohn Jacques im Oktober 2013 verstarb und die Erben sich an Artcurial wandten. 


Bild: lautomobileancienne.com
War die Sammlung also so geheim? Eigentlich nicht – die Lokalpresse wusste zum Zeitpunkt der zweiten Auktion bereits, dass ein weiterer Teil der Sammlung bei Roger Baillon verbleiben würde, und dass es sich um knapp 80 Fahrzeuge handelte, von denen einige besonders wertvoll wären. Es waren demnach sowohl die Größe der verbliebenen Sammlung, als auch Teile ihrer Zusammenstellung bekannt. 

Außerdem hatten Marken-Clubs die Fährten einiger Wagen aufgenommen, darunter die Amicale Facel-Vega: Ihr war bekannt, dass sich ein Facel-Vega Excellence im Département Deux-Sèvres befinden müsse. Darüber hinaus tauchten 2010 in einem großen Internet-Forum Fotos auf, die jemand über eine Mauer geschossen hatte und dazu erklärte, dass sich "in Deux-Sèvres eine vergessene Sammlung befinde". Die Fotos sorgten schnell für einigen Wind, verschwanden aber schnell wieder. Unbekannt war die Sammlung also nicht – unerreichbar allerdings schon. 


Bild: Artcurial
An die 95 Fahrzeuge sollen noch vorhanden sein, von denen aber nur 60 von Artcurial im Februar verkauft werden – wer auf den Fotos genau hinschaut, erkennt eine Renault Dauphine, einen Renault 12, einen Peugeot 604, einen 204 und andere. Was wird nun aus ihnen? Ein Mitarbeiter von Artcurial teilte auf Anfrage mit, dass die nicht auktionierten Fahrzeuge im Besitz der Erben verbleiben werden. Ein anderer ergänzte darüber hinaus, dass aufgrund ihres schlechten Zustandes nicht alle Fahrzeuge zur Rétromobile transportiert werden können. 

[…]

Übrigens: Die Entdeckung der Sammlung wurde am 5. Dezember 2014 publik gemacht, die Auktion wird am 6. Februar 2015 stattfinden. Artcurial ist mit einem internationalen Medien-Echo ein enormer Publicity-Coup gelungen. Vor der Versteigerung werden die Autos mehr als jemals zuvor beworben, was besonders Spekulanten anlocken wird – die Stammkunden großer Automobil-Auktionen. Wer kauft was, und zu welchem Preis? Im Februar kennen wir die Antwort.



Soweit die Ausführungen von l'automobileancienne.com .

Liebhabern hervorragender Druckwaren ist der oben gezeigte 1949er Talbot-Lago T26 Grand Sport mit der Chassisnummer 110109 übrigens schon seit 2012 bekannt: Der renommierte Automobilhistoriker Peter Larsen hatte in seinem zweibändigen Werk über den Grand Sport die Geschichte des Wagens erzählt (S. 356–366) und auch Bilder vom aktuellen Zustand gezeigt, die er von Jacques Baillon erhalten hatte; dieser gab in der Korrespondenz mit dem Autor als Standort Bordeaux an und erklärte, er habe den Wagen um 1980 im Osten Frankreichs gekauft. Zitat: "It was in very bad condition and had been rear ended, or had an accident to the rear. The car is still not restored. The car is stored "safe" in a shed."

Über die Jahre hätten immer wieder Sammler und Händler versucht, Baillon den Talbot-Lago abzukaufen, schreibt Larsen weiter. Im Januar 2012 sei 110109 von einem anonymen Sammler gekauft worden, der einen kompletten Neuaufbau anstrebe. Ob es sich bei dem anonymen Sammler vielleicht schon um Artcurial handelte? Vielleicht. Vielleicht hat Monsieur Baillon aber auch zum Schutz seiner Autos ein wenig geflunkert. Schöne Geschichten kann das bekanntlich noch schöner machen – besonders, wenn sie sich wiederholen. 

Mittwoch, 10. Dezember 2014

Opel Olympia mit Zeitspuren: Wie lange hält er noch?

Hanns-Lüdecke Rodewalds Opel Olympia CarAVan ist eine Provokation auf Rädern – das finden zumindest Polizei und Ordnungsamt, und traktieren den Oldtimerfan unter anderem mit Zwangsstilllegungen: "Autowrack kraft Vermutung" schreiben sie dann auf's Knöllchen, und dabei ist der Opel nicht nur voll fahrbereit, sondern besitzt auch einen gültigen TÜV-Stempel. 

Rodewald ist Professor für Fahrzeugtechnik. Er will herausfinden, wie lange ein Auto durchhält, wenn immer nur das Nötigste repariert wird. In diesem Film erzählt er von seinen Erlebnissen mit dem Opel und geht auch auf die Frage ein, was eigentlich ein "erhaltenswerter Zustand" ist...


Tipp: In Auto Bild Klassik 2/2012 erschien ein Interview mit vielen Detailfotos vom Auto – Titel: „Der Schimmelreiter“ !

Montag, 20. Oktober 2014

Löcher stopfen, Patina erhalten: So wird ein 1951er Adler Fahrrad wieder original


Die goldene Hochzeit haben die beiden bereits hinter sich.

Auf der diesjährigen Herbst-Veterama lief mir ein gut erhaltenes, rotes Adler Fahrrad von 1951 über den Weg. Naja, eigentlich waren es zwei – ein Pärchen, sozusagen. Ich liebe diese bunten Räder aus der Nachkriegszeit und den zögerlichen Optimismus, den sie ausstrahlen. Außer in rot gab es sie noch in blau und grün, doch leider erwies sich der Lack als nicht so haltbar wie der bis dato so bewährte schwarze Einbrennlack. Ich musste die beiden also kaufen, ungeachtet der Konsequenzen...

Marke und Typ mit der Schablone aufgesprüht – damit das klar ist...

Denn: Das Herrenrad wurde irgendwann "optimiert" und eine moderne Hinterradfelge mit 1970er-Jahre Dreigangschaltung eingebaut und in den 80ern ein neuer Lenker montiert. Schlimmer aber: Vorne hat jemand in das originale Schutzblech ein riesengroßes Loch reingeschnitten, um eine seilzugbetriebene Stempelbremse einzubauen. Der letzte Schrei – in den 60ern.

Die "moderne" Version der althergebrachten Stempelbremse am Adler-Herrenrad.

Da ich vor Jahren mal ein Adler aus derselben Zeit geschlachtet hatte (Rahmenbruch!), konnte ich den Kauf dieses Exemplars immerhin als glückliche Fügung verbuchen. Denn Adler-Fahrräder hatten immer eine besondere Bremsführung, die im vorderen Schutzblech eingearbeitet war – ein sehr elegantes Detail. Und einen originalen Lenker mit komplettem Bremsgestänge hatte ich auch noch. Also: frischauf ans Werk!

Das barbarisch reingeschnittene Loch für das Bremsen-Update. Schmerz lass nach! 


Erster Schritt: Die Reste der alten Bremsführung, die an das Schutzblech gepunktet ist, sorgfältig entfernen.

Die drei Schweißpunkte sind gekörnt und können ausgebohrt werden

Die Schweißpunkte sind nun ausgebohrt. Es reicht, durch ein Blech zu bohren.

Die abgeschnittene Bremsführung ist ausgebohrt. Ganz links ist die intakte originale Adlerbremsführung vom Schlacht-Rad.

Die alte Bremsführung aus dem Schlachtrad (das vordere Schutzblech war damals nicht mehr zu retten) hat genau die gleiche Bauart. Wie Opa immer sagte: Nur nichts wegwerfen! ;-) Nun können also rotes Schutzblech und originale Bremsführung wieder zusammenfinden.

Anprobe der neuen alten Bremsführung. Hier wird deutlich, wie groß das ins Schutzblech reingeschnittene Loch ist.


Die erste "Anprobe" zeigt, dass die Bremsführung passt und die richtige ist. Nun muss das Schutzblech behutsam wieder in Form gedengelt werden, da diese durch das Rausschneiden und Reinwürgen der modernen Bremse, ähm, "verändert" wurde...

Das nun grob gerichtete Schutzblech und die gesäuberte Bremsführung wurden mittels einer Gripzange im Schraubstock fixiert und wieder durch die Bohrlöcher mit dem Schutzgas-Schweißgerät festgepunktet. Da das Fahrrad-Blech sehr dünn ist, muss die Stromstärke stark runtergeregelt werden, sonst brennt es sofort durch! Danach werden die Schweißpunkte mit einer Fächerscheibe und dem Winkelschleifer geglättet. Die Fächerscheibe hat weniger Abtrag als eine Schruppscheibe und ist hier somit sinnvoller.

Fixieren der Bremsführung und des Schutzbleches mit einer Gripzange

Die Bremsführung ist durch die Löcher der ausgebohrten Schweißpunkte wieder angechweißt worden.

Nach dem Glätten der Schweißpunkte mit Winkelschleifer und Fächerscheibe (Achtung! Feingefühl und Schutzbrille erforderlich! )

Jetzt wird das ausgeschnittene Loch geflickt:

Ein Stück Blech wird leicht gebogen und ein Loch mit dem richtigen Durchmesser gebohrt (hier 16mm).

Passt! Nur das Blech ist noch etwas zu groß.

Hier ist das Reparaturblech grob eingepasst und kann stumpf eingeschweißt werden.
Sitzt, passt, wackelt und hat Luft.

Dasselbe noch mal, nach dem Feinschliff.

Leider geht solch eine Operation, wenn auch sensibel durchgeführt, immer auch zu Lasten der Originalsubstanz: Rund um die Schweißstelle brennt der Lack weg. Allerdings ist das hier m.E. zu rechtfertigen, da die originale Funktionalität und das ursprüngliche Aussehen wiederhergestellt werden – Stichwort: Restaurierung!

Nach der partiellen Grundierung mit Owatrol CIP (exzellente Kriechwirkung!) sieht es schon nicht mehr so wild aus.

Nach dem Trocknen der partiell aufgetragenen Grundierung kann nun die Montage erfolgen. Die Spannung steigt: Passt alles?

Bremse funktioniert, sieht gut aus. Und der Adler ist auch wieder auf dem Schutzblech gelandet.

Es passt! Nach erfolgreicher Reparatur bzw. partieller Restaurierung funktioniert die originale Adlerbremse wieder wie am ersten Tag. Die dünnflüssige Grundierung Owatrol CIP verhindert das Rosten der Schweißstelle und fließt dank Kapillarwirkung bis in die letzte Ritze zwischen den Blechen.

Der nächste Schritt wird sein, die Grundierung mit 400er Schmirgelpapier nass zu schleifen und die Stelle mit einer Airbrushpistole beizulackieren. Farbe muss ich mir sowieso anmischen lassen, da einige Stellen auszubessern sind und ich eine hintere Felge lackieren muss. Leider muss das Rad sich jetzt etwas gedulden, da andere Projekte anstehen. Aber der erste Schritt ist gemacht.

Ich hoffe es hat Euch inspiriert, was man mit Geduld, den richtigen Geräten und etwas Erfahrung tun kann, ohne eine originale Substanz völlig zu ruinieren :-)

Montag, 4. August 2014

Classic Days 2014: Express Radex 100, konserviert statt totrestauriert


Wenn wir Patinatoren über Veranstaltungen streunen, sind es nicht immer die großen Stars, die uns faszinieren. Bei den diesjährigen Classic Days auf Schloss Dyck zum Beispiel blieb ich an dieser Express Radex 100 hängen: Scheinbar auf eigener Achse aus der Umgebung angereist und auf dem Miscanthusfeld geparkt, stach sie aus einer Gruppe von 98 ccm-Motorrädern besonders heraus.

Immer wieder beeindruckt mich an solchen Maschinen die feine Struktur der Linierung, die immer von Hand aufgebracht wurde. Wie entseelt und reizlos wirkt dagegen doch die unten gezeigte, neu aufgebaute Wanderer!

Die Patina hat der Express-Besitzer offenbar gründlich konserviert. Insgesamt wirkte das Motorrad dabei etwas glänzig – ob da Owatrol zum Einsatz kam? Ich weiß es leider nicht, und kann nur meine Bilder sprechen lassen.

Falls also jemand hier sein Bike wiedererkennt: Bitte melden!












Freitag, 25. Juli 2014

Skandal: BMW-Museum will Elvis-507 zerstören

Auferstanden als Ruine: Der BMW 507, mit dem Elvis Presley einst durch Bad Nauheim rauschte. Foto: BMW Group 

Sie meinen es natürlich nur gut, die Leute vom BMW-Museum. Schließlich kann und darf es einfach nicht sein, dass der BMW 507, mit dem Elvis Presley in den 50er Jahren durch Deutschland rauschte, nur noch ein Wrack ist. Doch es ist nun mal so, und deshalb wollen die BMW-Leute ihn restaurieren. Das heißt in diesem Falle: neu aufbauen.

Sein letzter Besitzer fuhr den Roadster sechs Jahre lang, dann lagerte er ihn ein. Foto: BMW Group 

Seit 1968 war der Wagen im Besitz des Amerikaners Jack Castor; der wusste, was er da hatte, fuhr den Wagen sechs Jahre lang, schaffte es danach aber nie, ihn zu restaurieren: Schon alleine das Beschaffen von Teilen erwies sich als schwierig. Der BMW-V8 war irgendwann gegen einen Ford-Motor ausgetauscht und eine Borg Warner-Automatik reingewürgt worden. Die ganze Geschichte vom Vor- und Nachleben des Autos kann in AUTO BILD KLASSIK 1/2010 nachgelesen werden.

BMW hat das Wrack nun für vermutlich sehr viel Geld gekauft. Und stellt es erst mal im Museum aus: Die Welt kann nun noch ein letztes Mal die Staubschichten auf dem Blech zählen, denn bald schon werden die hauseigenen Restaurierer über den Wagen herfallen, ihn fleddern und den anderen 507 gleich machen.

Auf dem BMW liegt der Staub von Jahrzehnten. 507-Spezialist Karlheinz Lange sagt, er habe noch nie einen schlechteren gesehen. Foto: BMW Group

Vielleicht ist dies das eigentlich Schlimme: Jetzt ist er noch der Elvis-507, mit falschen Uhren im Armaturenbrett, einer nachträglich genähten Katastrophe von Innenausstattung, und wahrscheinlich genug Rost, um daraus fünf neue Ladas zu bauen.

Frisch restauriert wird er – wahrscheinlich – ein weißer oder roter 507 sein, wie alle anderen.

Tolle Idee, das mit der roten Farbe – und so langlebig! Foto: BMW Group

Seit Elvis waren das beim 507 immer wieder Trendfarben. Es wird ein Schild vor dem Wagen stehen müssen, um seine prominente Geschichte zu erklären. Er wird nicht mehr selbst erzählen können, dass der King ihn einst rot lackieren ließ, weil seine weiblichen Fans ihre Lippenstifte nicht vom weißen Blech lassen konnten.

Wann und wie der BMW in die USA kam, ist nicht bekannt. Auch nicht, wann Elvis sich von ihm trennte. Foto: BMW Group

Sicher, Substanz zum Retten und Konservieren ist kaum mehr übrig, das Ergebnis wäre allenfalls Flickwerk. Eine Patina-Restaurierung ist also kaum denkbar. Aber: Muss denn jedes Auto restauriert werden?

Vermuten wir mal, dass der Armaturenbrett-Bastler einen schlechten Tag hatte. Foto: BMW Group

Dieses offenbar schon, und die Erklärung ist wahrscheinlich ganz simpel:
1. wird das restaurierte Auto – mindestens – schlappe 1,5 Millionen Euro wert sein und
2. pflegen Autohersteller ihre Historie bekanntlich nur zu Marketingzwecken, also: um Neuwagen zu verkaufen. Und das funktioniert am besten, wenn sich ein Oldtimer nicht nur im Studio, sondern hochglänzend fotografieren lässt.

Zuletzt gurgelte hier ein Ford-V8. Der originale BMW-Motor bleibt verschollen. Foto: BMW Group

In ein paar Jahren, wenn die Restaurierung abgeschlossen ist, werden wir den BMW also wiedersehen. Frisch und munter, wie neu, und wie ein 507 eben sein muss.

Gähn.


Link: Im BMW 507 auf den Spuren des King

Link: Ausstellung im BMW-Museum

Foto: BMW Group

Foto: BMW Group

Foto: BMW Group

Foto: BMW Group


Samstag, 7. Juni 2014

Nachtrag: Gute Nachrichten vom Adler Trumpf!

Man erinnere sich: links das Original, rechts die Fälschung – dachte ich!
Im letzten Post über den Adler Trumpf habe ich eine erste gründliche Bestandsaufnahme des Wagens beschrieben: Was fehlt, was original ist, was nicht, usw. Zwischenzeitlich habe ich hauptsächlich recherchiert und versucht, Informationen und Originaldokumente aufzutreiben. Das ist gar nicht so einfach, weil die Adler Trumpf-Serie doch stetig verändert wurde und ich erst eine exakte Liste aus dem Jahr 1935 finden musste.

Normalerweise ist die Lektüre einer Ersatzteilliste aus dem Jahr 1935 eine eher traurige Angelegenheit, da man gewöhnlich so viele Teile entdeckt, die man noch nie gesehen hat, oder die schlicht und ergreifend nicht mehr da sind. Und man nicht den Hauch einer Idee hat, wo man sie denn herbekommen soll – den Fernsprech-Apparat der Adlerwerke in Frankfurt nimmt jedenfalls keiner mehr ab, und die örtliche Niederlassung sieht auch geschlossen aus...

Auch hier meldet sich niemand. Deprmierend. Ich hätte Interesse.

Nun, laut dem Standardwerk von Werner Oswald "Alle Adler Automobile" muss der Trumpf 1,7 AV von 1935 einfach 17 Zoll Felgen haben. Also lag es nahe anzunehmen, dass die 16 Zoll-Felgen meines Autos von einem anderen Wagen stammen und ausgetauscht wurden. Im (autovernarrten) Freundeskreis ergaben sich wilde Spekulationen.

"Klar, die haben das Auto vor der Wehrmacht versteckt und die Felgen abmontiert und vergraben und dann nach dem Krieg nicht mehr gefunden!"

"Ja, weißt Du das nicht? In der DDR gab es keine 17"-Reifen. Nirgendwo! Na, da haben die irgendwelche 16-Zöller draufgemacht!"

Mir kam das alles spanisch vor, denn der Lochkreis passt, das mittlere Loch passt absolut milimetergenau auf die Radnabe. Unter dem roten DDR-Lack kommt beige-grau zum Vorschein, der Farbton des Originallacks. Aber eben in 16 Zoll.

Dann fielen mir die beiden Stützkeile hinten unten an der Ersatzradhalterung auf. Sie sind an meinem sehr originalen Trumpf 1,5 AV nicht montiert; also dachte ich, dass sie benötigt würden, um die etwas kleinere 16 Zoll-Felge abzustützen – mit 17 Zoll füllt die Felge ihre Mulde schließlich perfekt aus. Bei näherem Hinsehen machten die Stützen aber einen perfekt gefertigten Eindruck. Sie waren nicht selbstgebaut.



Doch dann, bei einem gründlichen Studium des Ersatzteilkataloges, stolperte ich über dieses Bild:

Man beachte die Ersatzteilnummer 71
Es sind also Originalteile. Aha! Der Text verrät mehr. Die beiden Stützen gehören zu 16 Zoll-Felgen mit Aero-Reifen! Was genau Aero-Reifen sind, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis. Ich vermute breitere Ballonreifen. Es soll die Dimension 16 x 5,75 aufgezogen werden, was erstaunlich weit ist. Aber meine Felgen sind von Hering, nicht von Kronprinz, wie bei diesem Modell üblich.

Schnell in der Ersatzteilliste nachgeschaut:


Volltreffer! Es gab den Adler auf Wunsch mit 16 Zoll Kronprinz Rädern ab Werk! Alles ist original! Nur die angeschweißten Blechnäpfe für die Radkappenaufnahme fehlen. Nun, die sollten irgendwie zu finden, oder auch nachzufertigen sein.

16-Zöller haben übrigens nur Vorteile: Besseres Fahrverhalten und eine anständige Reifenauswahl, um genau zu sein.

Man beachte auf der Liste, dass es den Adler sogar mit 20 Zoll Felgen gab – zur Erhöhung der Bodenfreiheit. Wahrscheinlich für Geländesport-Fahrten, die damals sehr in Mode waren.

Ich hoffe, dass dieser Nachtrag zeigt, wie wichtig die passende Literatur zum Auto ist. Ohne die (richtige) Liste hätte ich vermutlich die 16 Zoll-Felgen verbannt und ewig nach 17-Zöllern gesucht..........

Und der Adler? Der wird nach und nach zerlegt und dokumentiert. Dann soll erstmal der alte Lack runter. Wie ich das mache, muss ich mir noch gründlich überlegen.